BIOGRAFIE
In der neu gegründeten DDR erlebte Raimund August bereits in jungen Jahren Repression und Verfolgung. Da die DDR als sogenannter Arbeiter- und Bauern-Staat bürgerliche Familien stark benachteiligte, durfte er – Sohn eines selbstständigen Architekten und aufgewachsen in Großräschen – trotz guter Leistungen nicht die Oberschule besuchen. Nach acht Jahren Volksschule begann er deshalb 1950 eine Lehre als Forstarbeiter.
1952 wurde der 17-jährige August bei einem Besuch in West-Berlin zusammen mit einem Freund als Agent der Organisation Gehlen angeworben. Für diese Vorgängerorganisation des Bundesnachrichtendienstes verteilte er antikommunistische Flugblätter, sammelte Adressen, notierte Nummernschilder sowjetischer Armeefahrzeuge und spähte Militäranlagen aus.
Im Dezember 1953 verriet ihn ein langjähriger Freund, was zur Verhaftung von Raimund August führte. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) presste ihm durch unmenschliche Behandlung wie Nachtverhöre und Schlafentzug ein Geständnis ab. Daraufhin verurteilte ihn das Bezirksgericht Cottbus im März 1954 nach Artikel 6 („Boykotthetze“) der DDR-Verfassung in Verbindung mit der Kontrollratsdirektive Nr. 38 zu 10 Jahren Zuchthaus.
Zwei Haftanstalten prägten zur Zeit der DDR das Cottbuser Stadtbild. Am Spreeufer, wo sich heute das Landgericht Cottbus befindet, betrieb das Ministerium für Staatssicherheit ab den 1950er Jahren ein Untersuchungsgefängnis. Auch Raimund August war dort bis zu seiner Verurteilung inhaftiert, bevor er in die Strafvollzugsanstalt Cottbus verlegt wurde, dem Standort der heutigen Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus.
MENSCHENRECHTSZENTRUM COTTBUS E.V.
Raimund August verbüßte zunächst 2 Jahre und 6 Monate im Zellenhaus der Strafvollzugsanstalt Cottbus. Hier mussten sich er und fünf Mitgefangene eine kleine Einmannzelle teilen, die mit drei Doppelstockbetten, ranzigen Decken und durchgelegenen Strohsäcken, sechs Hockern, einem kleinen Tisch und einem Kübel für die Notdurft ausgestattet war. Tagsüber war es den Gefangenen verboten, die Betten zu nutzen. Die Häftlinge trugen alte Armeeuniformen und Holzpantinen.
„Die Zellen waren jeweils mit sechs Mann belegt. Die Luft war schrecklich darin. Es waren ja eigentlich nur Ein-Mann-Zellen.“
Raimund August
Später arbeitete Raimund August für 1 Jahr und 6 Monate in der Polstereiwerkstatt innerhalb der Haftanstalt. Danach schickte man ihn als Zwangsarbeiter ins Haftarbeitslager „Schwarze Pumpe“. Hier sabotierte er durch betont langsames Arbeiten die Produktion. Nach einer Strafherabsetzung durch DDR-Präsident Wilhelm Pieck kam er Anfang 1958 vorzeitig frei.
Einen Monat später versuchte Raimund August nach West-Berlin zu flüchten. Der Fluchtversuch scheiterte und er kam erneut in Stasi-Untersuchungshaft. Raimund August wurde zu 9 Monaten Haft „wegen versuchten illegalen Verlassens der DDR“ verurteilt. Die Freiheitsstrafe verbüßte er im Haftarbeitslager Seese, das ebenfalls zur Strafvollzugsanstalt Cottbus gehörte. Nach Verbüßung der Haftstrafe gelang ihm endlich die Flucht nach West-Berlin, wo er nach einem Volontariat als Medizinjournalist arbeitete.
In einem Brief an die Staatsanwaltschaft Cottbus setzte sich Raimund Augusts Mutter 1959 für die Haftentlassung ihres Sohnes ein.
Raimund August
Heute lebt Raimund August in Berlin-Lichterfelde und engagiert sich als Zeitzeuge in der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus.
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